Sieg für Hearing4all-Forscher bei internationalem Wissenschaftswettbewerb

PRESSEMITTEILUNG

Wissenschaftler des Exzellenzclusters entwickeln intelligente Software für Hörgeräte zum besseren Verstehen von Sprache in lauten Umgebungen

Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Oldenburg hat in der „Clarity Enhancement Challenge“, einem Wettbewerb britischer Universitäten zum Einsatz des maschinellen Lernens für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Hörgeräten, den ersten Preis erzielt. In Tests mit hörbeeinträchtigten Probanden erzielten die Lösungen der Oldenburger Forscher aus dem DFG-geförderten Exzellenzcluster „Hearing4all“ die besten Ergebnisse. „Der Sieg bei diesem hochkarätig besetzten internationalen Wettbewerb ist ein Beweis für die hohe Qualität der Hörforschung am Standort Oldenburg“, sagt Professor Simon Doclo, Leiter des Teams und Direktor des Departments für Medizinische Physik und Akustik der Universität Oldenburg. „Das motiviert uns sehr für unsere weitere Arbeit, und wir hoffen, damit zu einer besseren Versorgung von Menschen mit Hörbeeinträchtigungen beitragen zu können.“

Jeder kennt die Situation: Bei Gesprächen im Restaurant, auf Parties oder auf einem belebten Bahnhof kann es schwierig werden, sich gegenseitig zu verstehen, weil Hintergrundgeräusche die Sprache, auf die es eigentlich ankommt, überlagern. Menschen mit Hörbeeinträchtigungen sind von diesem Effekt besonders betroffen: Gesunde Hörer können Schall präzise räumlich wahrnehmen und eine Schallquelle genau lokalisieren. Dies ermöglicht es dem Gehirn, die Aufmerksamkeit auf diese Schallquelle zu fokussieren und störende Geräusche quasi „herauszufiltern“. Obwohl die Leistungsfähigkeit von Hörgeräten sich in den letzten Jahren ständig gesteigert hat, funktioniert ihre „Filterfunktion“ noch immer nicht so gut wie bei Normalhörenden. Die Verbesserung der Sprachverständlichkeit in lauter Umgebung ist daher noch immer eine der wichtigsten Herausforderungen bei der Entwicklung von Hörgeräten und Hörimplantaten.

Ziel der Hörforschung ist es nun, die Prozessoren in Hörhilfen so zu programmieren, dass sie in der Lage sind, relevante Schallquellen von nicht relevanten zu unterscheiden und die entsprechenden Schallsignale zu verstärken beziehungsweise zu unterdrücken. Dabei kommen zunehmend sogenannte Machine-Learning-Algorithmen zum Einsatz, die auf großen Datenmengen trainiert werden und darauf aufbauend Muster und Gesetzmäßigkeiten in den aufgenommenen Signaldaten wiedererkennen können. Der Schlüssel zum Erfolg der Oldenburger Wissenschaftler lag im Einsatz eines binauralen Systems, das Signale an beiden Ohren verarbeitet und auf diese Weise Schallquellen im Raum orten kann. Störsignale und Halleffekte werden in einem zweistufigen Filtersystem unter Einsatz von sowohl traditioneller mehrkanaliger Signalverarbeitung als auch tiefen neuronalen Netzwerken reduziert. In einer simulierten Testsituation mit digitalen Hörbeispielen überzeugte diese Lösung die 45 Testhörer mit Hörbeeinträchtigungen – und zwar am besten von den zahlreichen anderen Wettbewerbsbeiträgen aus der ganzen Welt.